Küssen mit William

Es dürfte das erste Konzert in der Kantine gewesen sein, bei dem man den Regen durch die geschlossene Tür hören konnte. Mucksmäuschenstill war es am Mittwoch im gutgefüllten Flammensaal, als der US-Singersongwriter William Fitzsimmons mit kleiner Begleitband seine Lieder vortrug und in den hinteren Reihen wurden schon mal böse Blicke verteilt, wenn man zu laut mit dem Nachbar flüsterte.

Warum der oft als "Folkpoet" titulierte Sänger und Gitarrist so populär ist, gab allerdings dem ein oder anderen Konzertbesucher Rätsel auf, abgesehen von seiner sympathischen und humorvollen Art bietet der 1978 geborene Fitzsimmons eher Durchschnittsliedkost. Sei's drum, hunderten Menschen beim Lauschen zuzuhören, hat auch was, und dass Begleitgitarrist Jake Phillips, der nach dem Augsburger Benni Benson den zweiten Teil des Vorprogramms gestaltete, tatsächlich den Dire-Straits-Klassiker "Romeo & Juliet" zum Besten gab, ist ebenfalls aller Ehren wert. Und beim Zugabenteil im Zuschauerraum war das Publikum natürlich vollends hin und weg.

William Fitzsimmons funktioniert irgendwie auf einer anderen Ebene, eher zwischenmenschlich-intellektuell, wenn es sowas gibt. Auf seiner Facebook-Seite empfiehlt er ein Buch von Jon Krakauer (Autor u.a. von "Into The Wild") und gibt ausführliche Einblicke in sein künstlerisches Schaffen: "Je länger ich die wunderbare Gelegenheit habe, Sachen zu schreiben und zu kreieren und sie anschließend mit anderen zu teilen, desto ernster und kostbarer erscheint mir dieses Bestreben und diese Verantwortung." Das erklärt vermutlich auch seine sehr warmherzige und zurückhaltende Art des Musikmachens. Ein Fan beschreibt das Konzert in Dortmund mit den Worten "We floated on your carpet of deep thoughts and brilliant music." Eine Konzertbesucherin in Hannover hingegen notierte: "In der Location tummelten sich Menschen aller Altersklassen, darunter auffallend viele Pärchen und solche, die es noch werden wollten." Eine Beobachtung, die aufmerksame Zuschauer auch in der Kantine machten.

Der Mann mit der Brille und dem (gar nicht mehr so langen) Bart ist ein Phänomen. William Fitzsimmons wirkt wie der nette Typ aus der Bibliothek, den man kurz vor Ende des Studiums kennenlernt und dann erst checkt, dass er eigentlich ziemlich okay ist – bis man ihn im Fernsehen wiedersieht. Oder auf einer Bühne. Vor der sich Pärchen jeden Alters küssen, während draußen der Regen prasselt. Quasi der Asbach Uralt unter den Singersongwritern ("Wenn einem so viel Gutes widerfährt..."). Darauf einen Knopfler! (flo)

Foto (William Fitzsimmons im Februar in Aschaffenburg): Dita Vollmond

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