Neue Augsburger Kinderstadtteilpläne
Verfasst von Neue Szene am 05.09.2025
Von Kindern für Kinder gemacht: Von Spielplätzen über grüne Inseln bis zu echten Abenteuerecken
Mit den Möglichkeiten des Internets ändern sich die Möglichkeiten des Protests. Boykottaufruf, Online-Petition, Shitstorm – wie mächtig können vernetzte Kunden und Wutbürger werden?
Shitstorm
Zu den neueren Wortschöpfungen des Internets gehört der „Shitstorm“, die massenhafte öffentliche Entrüstung über ein Vergehen, geäußert in Blogs, Foren, sozialen Netzwerken. Es gibt Personen und Firmen, die ein solcher Shitstorm lediglich nervt, es gibt solche, denen er weh tut und dann gibt es jene, für die er eine mittlere Katastrophe ist. Für Amazon gilt Letzteres. Eine Dokumentation der ARD enthüllte, wie der Onlinehändler systematisch Leiharbeiter ausbeutet und drangsaliert. Es folgte ein öffentlicher Aufschrei, begleitet von Online-Aufrufen zum Boykott von Amazon, viele Tausend Facebooknutzer posteten ihren Protest an die Pinnwand der Firma. Online-Petitionen forderten eine faire Bezahlung und Behandlung der Angestellten.
Die sanfte Rebellion
Was für die Chefetage des Versandriesen ein Albtraum ist, ist für viele Online-Aktivisten der Traum einer neuer sozialen Rebellion. Eine Rebellion, bei der keine Steine geworfen und keine Barrikaden errichtet werden, eine Rebellion, die nicht einmal auf den Straßen sichtbar ist. Es ist der Traum einer sanften, aber wirkungsvollen Rebellion, die sich per Mausklick und Tastatur millionenfach in kürzester Zeit verbreitet.
Ziel dieser Art des Protests ist (noch) nicht der große Umsturz oder der umfassende Systemwechsel, die Rebellion ähnelt eher einer riesigen Bürgerinitiative mit wechselnden, konkreten Anliegen. Gegner ist mal der Staat, mal sind es Unternehmen, sie sollen nicht gestürzt werden, sie sollen sich ändern.
Der Traum der Boykotteure
Diese Vorstellung ist im Grunde eine romantische. Im Fall von Amazon wäre die Idealvorstellung der sozialen Rebellen folgende: Durch die öffentliche Aufmerksamkeit und den stetigen Protest vor allem im Internet sieht sich das Unternehmen dazu gezwungen, die Forderungen der Protestierenden umzusetzen. Leiharbeiter erhalten bessere Löhne, bessere Unterbringung und bessere Arbeitsbedingungen. Wenn Amazon den Forderungen nicht entspricht, werden möglichst viele Kunden zu Boykotteuren und zwingen das Unternehmen durch massenhafte Kaufverweigerung und sich daraus ergebende Umsatzeinbrüche zur Änderung der Firmenpolitik. Der Kunde würde somit an einer Art Käufer-Demokratie mitwirken, die Abstimmung, oder besser die Abstrafung, fände per Mausklick bzw. Verweigerung des Klicks auf den Warenkorb statt.
Grenzen der Rebellion
Die Vision einer solchen Käufer-Demokratie ist zweifellos nicht unsympathisch, sie traut den Bürgern/Kunden/Usern viel an Verantwortungsgefühl, Solidarität und Beharrlichkeit zu. Das ist idealistisch, aber ist es auch realistisch? Es stellen sich einige praktische Fragen, die zumindest Zweifel an der Effektivität wecken.
Was ist das Ziel? Was, wenn sich die Forderungen an ein Unternehmen, oder den Staat, nicht in eine griffige Formel fassen lassen? Selten sind die Verfehlungen so eindeutig wie die von Amazon, oft geht es um komplexe Fragen, die sich nicht durch eine simple Aufforderung lösen lassen.
Wer überprüft? Angenommen ein Unternehmen erfüllt die Forderungen der Boykotteure, wer kontrolliert dauerhaft die Umsetzung der Forderungen und macht wiederholte Verstöße öffentlich? Was, wenn ein Unternehmen nur Teile der Forderungen öffentlichkeitswirksam umsetzt?
Wer organisiert? Protest gegen eine weltbekannte Firma zu organisieren ist das eine, eine dauerhafte Bürger/Kundenbewegung zu etablieren, die sich nicht nach kurzer Zeit in Desinteresse erschöpft, ist etwas gänzlich anderes. Der Shitstorm für sich ist eine wirkungsvolle Methode des Protests, aber er ist bei Weitem noch keine stetige Organisationsform.
Wen interessiert es? Das öffentliche Interesse und die öffentliche Entrüstung ähnelt dem viel gebrauchten Bild des Sturms der Entrüstung: Er ist wirkungsvoll, mächtig und er lässt oftmals schnell nach. Wie will eine Protestbewegung erreichen, dass sich Millionen Kunden (und es müssen Millionen sein, damit ein Boykott wirkungsvoll ist) länger als Tage oder Wochen für die Belange von Arbeitnehmern interessieren, die sie nicht sehen? Wie lange hält die Solidarität mit Unsichtbaren an?
Wie egoistisch sind wir? Man stelle sich zwei Bäckereien vor, die eine verkauft billige Brötchen, die andere verkauft teure Brötchen, die mit den billigen Brötchen beutet ihre Bäcker aus, die mit den teuren Brötchen behandelt ihre Bäcker gut. Sollte es zum Boykott der billigen Bäckerei kommen, wäre die Rechnung ganz einfach - die Einbußen der Bäckerei durch den Kaufboykott und den Imageschaden müssten auf lange Sicht größer sein als die Kostenersparnis durch die Ausbeutung der Bäcker. Je nach der Gewinnspanne der Bäckerei müssten die Kunden ihre Brötchen dauerhaft beim teureren Bäcker kaufen (idealerweise sollten die teureren Brötchen zudem mindestens so gut schmecken wie die billigeren). Sie müssten, aus Solidarität mit den Bäckern, mehr für ihre Brötchen bezahlen und sie müssten dieses Verhalten beibehalten. Ob der Brötchen-Boykott funktionieren würde?
Die (Un)verantwortlichen
Der leitende Redakteur einer großen deutschen Regionalzeitung schrieb kürzlich sinngemäß, dass die Kunden, die gegen die unsoziale Behandlung und die schlechte Bezahlung von Leiharbeitern bei Amazon protestierten, scheinheilig seien. Er begründete sein Scheinheiligkeitsargument damit, dass die Kunden durch ihre Sucht nach Schnäppchen selbst zur Ausbeutung der Arbeiter beitrügen. Dieses Argument ist auf den ersten Blick keineswegs abwegig: Wer billige Waren verkaufen will, muss billig produzieren, lagern, verpacken, versenden und die Löhne möglichst niedrig halten, all das, um dem Kunden am Ende ein günstigeres Produkt verkaufen zu können als die Konkurrenz – so die Logik. Die Verantwortung wird somit zwischen Unternehmen und Kunden geteilt, der eine will Gewinn machen, der andere will billig einkaufen.
Diese Argumentation hat allerdings Schwächen. Unternehmen und Kunden sind keine gleichrangigen Parteien, der Kunde fordert vom Unternehmen nicht, dass es seine Brötchen für 29 Cent verkauft statt wie die Konkurrenz für 45 Cent. Er kauft oftmals einfach das billigere Brötchen. Würde man aber das Kaufverhalten der Kunden zum alleinigen Maßstab machen, könnte man auch irgendwann Brötchen für 5 Cent das Stück verkaufen, die Stundenlöhne der Bäcker auf Entwicklungslandniveau senken und all das mit der Schnäppchenjägermentalität der Kunden rechtfertigen, die Folge wäre eine zerstörerische Abwärtsspirale.
Mit einem hatte der Redakteur allerdings Recht: Kunden sind nicht selbstlos, zudem sind sie sehr verschieden in ihren Ansichten und leben womöglich in völlig verschiedenen Lebenswelten. Was für den einen ein ausbeuterischer Hungerlohn ist, empfindet der andere als gerechte Bezahlung, wo der eine würdelose Plackerei sieht, meint der andere: Jede Arbeit ist besser als keine Arbeit. Auch eine digitale Protestbewegung braucht klare gemeinsame Werte und Ziele, fehlen diese, droht der Protest schnell im Sand zu verlaufen.
Die Verantwortlichen
Der Charme der digitalen Rebellion ist mitunter trügerisch, denn er verführt dazu der Käufer-Demokratie mehr zuzutrauen, als sie leisten kann. Gefährlich wäre auch der Schluss, den ein konservativer Kommentator in einer marktliberalen Tageszeitung aus den Protesten gegen Amazon und Co. zog. Da Käufer/Bürger selbst wirksam und mündig gegen Ausbeutung und Fehlverhalten von Unternehmen protestieren können, müssten sich Staat und Gewerkschaften immer weniger einmischen, so der Zeitungsmann. Wie ein Bürger/Kunde/User gegen Firmen protestieren kann, die unabhängig von Bürger/Kunde/User sind, beispielsweise eine Industriereinigungsfirma, diese Antwort blieb der Kommentator seinen Lesern freilich schuldig. Eine weitere Schwierigkeit in der Praxis: Was, wenn eine Firma ihre Mitarbeiter ausbeutet und sich trotz allgemeiner Kenntnis der Umstände größter Beliebtheit erfreut? Den Kunden/Bürgern/Usern die hauptsächliche Verantwortung für die Durchsetzung von Arbeitnehmer- oder grundsätzlichen Menschenrechten zuzutrauen, ist deswegen entweder naiv oder perfide. Naiv, weil eine Protestbewegung von Kunden, auch online, weder dauerhaft noch kenntnisreich, noch organisiert genug ist, perfide, weil es Akteure aus der Pflicht nimmt, die eigentlich zuständig für die Durchsetzung sind, es ihnen aber an Willen oder an Macht dazu mangelt. Vor allem sind das Staat und Gewerkschaften.
Würde sich der Staat mit der gleichen Emsigkeit an die Durchsetzung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen machen, mit der er beispielsweise Hartz-IV-Bezieher kontrollieren lässt - man könnte sich vorstellen, dass vieles weniger im Argen läge. Der andere Akteur sind die Gewerkschaften, denen es bislang allerdings schwerfällt, in einem Arbeitsmarkt der befristeten Verträge, der Leiharbeit und gebetsmühlenartig geforderten Flexibilität und Mobilität wieder Fuß zu fassen. Eines ist klar: Unternehmen werden fast immer nur so sozial, nur so umweltfreundlich, nur so verantwortungsvoll sein, wie sie es sein müssen. Ob öffentlicher Druck, ob staatliche Maßnahmen, ob gewerkschaftlich organisierte Interessenvertretung, ob Mausklick oder Straße, keiner der genannten Akteure ist mächtig genug, um die Amazons, die Apples und die Legolands der Welt alleine zu zähmen.
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